Als Hobby-Band erstmals einen Song zu veröffentlichen ist etwa so einfach, wie als Amateur-Koch eine Peking-Ente zuzubereiten – sehr aufwändig, aber nicht unmöglich. Ich habe mich entschieden, dieses Vorhaben eigenständig in Angriff zu nehmen, das heisst, ohne Label oder Künstlervertretung, und fasse in diesem Beitrag meine Erfahrungen für Gleichgesinnte zusammen.

1. Recording

Sobald der zu veröffentlichende Song geschrieben ist und von der Band fehlerfrei (für eine einfachere Nachbearbeitung mit Metronom) gespielt werden kann, geht es ab ins Studio. Wir haben uns für das Powerplay Studio entschieden, den ausführlichen Bericht dazu findet ihr hier. Falls ihr einen Proberaum mit den notwendigen technischen Mitteln habt, könnt ihr den Song natürlich auch selbst aufnehmen. Wichtig ist, dass das Endprodukt dem vom Musikvertrieb gewünschten Format entspricht, in unserem Fall war das ein branchenübliches WAV in Stereo, 44.1kHz und 16 Bit.

2. Künstlerprofil

Wer einen Song veröffentlichen will, braucht spätestens dann einen Künstlernamen. Ist bereits einer vorhanden, wunderbar. Ich empfehle, einen Alias zu wählen, den es (weltweit!) noch nicht gibt, da sonst Verwechslungsgefahr mit anderen Künstlern besteht. Eine falsche Zuordnung durch den Musikvertrieb kann zwar gemeldet und der Fehler behoben werden, allerdings kostet dies viel Zeit und Nerven. Für euer Profil benötigt ihr weiter ein Logo und/oder Bild der Band sowie ein kurzes, schriftliches Porträt. Mehr Marketingmaterial (Website, Social-Media-Profile usw.) ist hilfreich, aber nicht zwingend nötig.

3. Bildmaterial

Bei jedem Song wird auf den Streamingdiensten ein Cover-Bild gezeigt. Bloss: Woher nehmen, wenn nicht stehlen? Da bei Bildern aus rechtlicher Sicht Vorsicht geboten ist, ist es am einfachsten, selbst ein Foto zu schiessen und das Einverständnis der darauf abgebildeten Personen einzuholen. Zudem gilt es, die Vorgaben einzuhalten, bei unserem Musikvertrieb sind die Anforderungen an das Cover 3000x3000px, PNG, unter 25MB und RGB. Wer sich selbst nicht als Foto-Genie erweist, kann auf kostenlose, lizenzfreie Bilder, beispielsweise von Pixabay, zurückgreifen oder mithilfe von KI ein Bild generieren lassen (beispielsweise mit DeepAI, ebenfalls kostenlos, oder mit Midjourney, dem zurzeit angesagtesten Bildgenerator).

4. Werkanmeldung

Als Urheber eines Songs, der veröffentlicht werden soll, lohnt sich ein Beitritt zur SUISA, welche schweizweit die Urheberrechte von Musikschaffenden und Verlegern vertritt und dafür sorgt, dass Komponisten, Textautoren oder Verleger Urheberrechtsentschädigungen erhalten, wenn ihr Werk öffentlich genutzt wird, egal ob online, im Radio, TV, oder live auf der Bühne. Ich habe mich für eine SUISA-Mitgliedschaft entschieden und meldete unser Werk an, kurz nachdem ich die Daten vom Studio erhalten hatte (die Mitgliedschaft kostet einmalig CHF 200 und dauert einige Tage bis zur Freigabe, die Werkanmeldung ist kostenlos).

5. Musikvertrieb

Streaming-Plattformen wie Spotify, Apple Music usw. bieten keine Möglichkeit, Songs direkt hochzuladen. Dies erfolgt über einen Musikvertrieb wie beispielsweise CD Baby, Distrokid, iMusician, iGroove usw. Es gibt zahlreiche Anbieter und es lohnt sich, die Plattformen zu vergleichen, um eine passende Lösung zu finden (siehe z.B. Digitaler Musikvertrieb Vergleich 2023). Ich habe mich für CD Baby entschieden, unter anderem, weil keine Jahresgebühren anfallen und die Publikationskosten für eine Single mit rund 10 US Dollars angemessen sind. Auch wenn es etwas seltsam angemutet hat, ein amerikanisches Steuerformular auszufüllen: Bisher bin ich happy mit dieser Wahl. Die Einrichtung des Profils und der Upload des ersten Songs nehmen etwas Zeit in Anspruch, da viele Detailinformationen zur Band und zum Song hinterlegt werden müssen. Nach dem Upload dauert es etwa fünf bis zehn Tage bis zur Distribution an die Streamingdienste.

6. Spotify

Spotify ist der weltweit führende Musikvertrieb mit einem Marktanteil von 30.5% im ersten Halbjahr 2022, gefolgt von Apple Music mit 13.7% (Quelle: Midia Research). Sobald der erste Song durch den Musikvertrieb distribuiert wurde, kann ein Künstlerprofil auf Spotify (und auf weiteren Streamingdiensten wie Apple Music, Amazon Music, Deezer for Artists, YouTube Artist usw.) beantragt werden. Bis zur Verifizierung des Profils vergehen einige Tage. Der Vorteil eines Künstlerprofils ist, dass man viele Informationen zum Song und zur Band hinterlegen kann, die nicht automatisch vom Musikvertrieb mitgeliefert werden. Wer will, kann bei Spotify beispielsweise ein Canvas hochladen, das ist ein 3- bis 8-sekündiges Video im Hochformat, das geloopt wird. Wir haben während dem Recording mit dem Handy Videos aufgenommen und diese anschliessend zu einem Canvas zusammengeschnitten, das hat prima funktioniert. Selbstverständlich sind auch hier der Kreativität keine Grenzen gesetzt.

7. Songtext

Wer möchte, dass auf Spotify und den übrigen Streamingdiensten beim Abspielen des Songs der Text angezeigt wird, eröffnet ein Konto bei Musixmatch und hinterlegt dort die Lyrics. Dies ist ausschliesslich über einen externen Anbieter möglich, die Texte können nicht direkt bei Spotify hochgeladen werden. Auch hier ist Geduld gefragt: Musixmatch benötigt für die Verifizierung des Kontos ca. 48 Stunden. Immerhin: Die Basisversion ist kostenlos.

8. Fazit

Der Zeitaufwand für die erstmalige, professionelle Veröffentlichung eines Songs auf den gängigen Streamingdiensten ist hoch, die Kosten halten sich in Grenzen. Wer Spass daran hat (so wie ich) und das nötige (Marketing-)Wissen mitbringt, kann sich damit eine ganze Weile vergnügen und das Spiel bis zur Promotion des Songs weitertreiben. Wer sich hingegen lieber aufs Musikmachen konzentriert und sich weniger mit Büroarbeit herumschlagen will, aber dennoch eine Publikation seines Songs anstrebt, kann auch einfachere Möglichkeiten in Betracht ziehen wie beispielsweise während der Probe mit dem Handy ein Video aufnehmen und auf YouTube hochladen oder eine Audiodatei aufnehmen und auf SoundCloud veröffentlichen.

Wer sich für das Endprodukt interessiert: Hier geht’s zu unserem ersten, veröffentlichten Song «Mirage» auf Spotify.

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